"Ich bin etwas skeptisch, ob die Qualität bei Deinem Output noch so ist, wie ich das kenne." Diesen Satz schrieb mir vor kurzem ein treuer Leser, der die neuen Bücher nicht kannte. Das mit dem Output habe ich schon ein paar Mal gelesen. Mal bewundernd, mal zweifelnd.
Früher habe ich Bücher nebenbei geschrieben. Die meisten Autoren machen das. Außer denen, die davon leben. Im Special-Interest-Bereich sind das aber wenig. Ob es davon im Bereich Segeln überhaupt welche gibt, kann man bezweifeln.
Nun, ich bin dennoch irgendwann den Weg gegangen und habe versucht, das Schreiben von Büchern als meinen Hauptjob zu machen. Mit einigen anderen Jobs drumherum hat das geklappt.
Früher habe ich sehr lange vom ersten Satz bis zum Ende gebraucht. Weil halt zwischendurch immer was anderes zu tun war. So zog sich ein Buchprojekt über viele Monate bis zu einem Jahr dahin. Und ich schreibe sehr sehr schnell. Da war ich mit einem Buch pro Jahr schon echt am Anschlag.
Heute ist das Schreiben von Büchern meine Hauptarbeit. Anja verlässt morgens um sieben Uhr das Haus und dann gehe ich runter in meine Schreibstube. Dort komme ich dann erst wieder raus, wenn Anja Feierabend hat und wieder heim kommt. So habe ich für die neuen "Ostseeperlen" etwa 3 Monate benötigt. Einen Tag in der Woche habe ich anderen Kram erledigt (Buchhaltung, Bücher verschicken, andere Jobs schreiben), die restlichen vier Tage bis zu 11,12 Stunden am Tag recherchiert, notiert und geschrieben. Wenn ich das konzentriert mache und nichts anderes anliegt, dann komme ich in einen Fluss und es geht dann sehr gut voran. Aber es gibt auch Tage, an denen es wirklich weh tut. Wenn man ganze Passagen wieder verwirft oder man schwer reinkommt. Dann muss man die Zähne zusammen beißen und das durchziehen. Schreiben, das glaubt einem kaum jemand, ist harte Arbeit. Es ist nicht so, dass man da locker sitzt und auf der Tastatur rumhämmert. Das Schreiben selbst ist Handwerk. Der Kopf - der ist der schwierige Teil an der Sache. Ständiges vorformulieren, nachdenken, Ideen entwickeln. Und zwischendurch klingelt dann das Telefon und nach dem Gespräch fängt man wieder von vorn an zu denken. Nach solchen Tagen bin ich fix und alle.
Würde ich Romane schreiben, sähe die Frequenz von Veröffentlichungen anders aus. Ich greife in meinen Büchern ja nur auf Erlebtes, auf Wissen und auf einen sehr reichhaltigen Erfahrungsschatz zurück. Für Bücher der Belletristik sieht das völlig anders aus. Da müssen Charaktere entworfen und von A bis Z durchgedacht, Geschichten, Beziehungen der Charaktere untereinander, Handlungsstränge, Schauplätze, Wendungen und dramaturgische Abläufe entwickelt werden. Vor so etwas ziehe ich den Hut. Da traue ich mich überhaupt nicht heran. Und daran vereinsamen oder verkauzen auch viele Autoren. Oder trinken.
Meine Schlagzahl ist also gar nicht so hoch, wie es aussieht. Es ist mein Beruf geworden. Ein Bootsbauer schafft auch mehr als jemand, der in seiner Freizeit ein Refit macht.
Anstrengung erfordert nicht das Schreiben als solches. Das Nachdenken, aus- und überdenken - das kann einen sehr mürbe machen. Hier mal ein Beispiel (und Tipp) für alle, die selbst mal was schreiben wollen und das skizziert, dass man zum Schreiben mehr als Finger benötigt: Chronologien sind langweilig. Einfach von Tag 1 bis X das Erlebte aufschreiben, geht zwar schnell, wird jedoch kein gutes Buch geben. Man muss sich vorher einen Rahmen entwickeln. Dass Buch braucht eine übergeordnete Idee, ein Thema. Wie ein Geländer, an dem man sich während des Schreibens festhalten kann. Auf solch einen Rahmen kommt man sehr gut, wenn man sich als Erstes einen schönen Titel und die Unterzeile dazu ausdenkt. Will man zum Beispiel ein Buch über einen 4-monatigen Törn nach St. Petersburg und zurück schreiben, so ist der Titel: "Von Kiel nach St. Petersburg - ein Ostseetörn" kein guter Titel. Dann muss man sich fragen: Unter welchem Stern stand die Reise? Weshalb habe ich sie gemacht? Was war schön? Was schlecht? Und das tut weh im Kopf, weil es anstrengend ist. Man hat 1000 Ideen, eine schlechter als die andere. Es ist ein sehr zäher Prozess, ans Ziel zu kommen.
Irgendwann hat man es dann. Kam beispielsweise der Wind immer nur von vorn, könnte der Titel dann: "160 Tage gegen den Wind. Ein Törn nach St. Petersburg" (okay, auch nicht viel besser, aber soll nur ein Beispiel sein) heißen. Und schon beherzigt man beim Schreiben immer diesen Titel und wird das stets im Hinterkopf behalten und in alle Kapitel mit einfließen lassen. Den Titel wird man hinterher sowieso noch mehrmals abändern, aber das Grundgerüst steht.
Wenn man das mal so macht, wird man verstehen, weshalb ich das Schreiben als harte Arbeit verstehe. Aber es könnte schlimmer sein. In ruhigeren Phasen verdiene ich zusätzlich Geld damit, in dem ich fachfremde Texte, bspw. für Websites verfasse. Zum Beispiel für Textbroker. Dann schreibt man morgens bis mittags 4.000 Wörter über Dienstunfähigkeitsversicherungen und nach der Mittagspause nochmal 3.000 über Hochzeitsfotografie. Nach solchen Tagen freue ich mich immer sehr darauf, bald wieder über mein geliebtes Thema Segeln und Segelreviere zu schreiben. Und bin kurz davor, mit dem Trinken anzufangen.
Was man noch braucht: Disziplin. Und zwar viel davon. Es ist als Freiberufler sehr verlockend, an schwierigen Tagen mal Fünfe gerade sein zu lassen. Manchmal kann das auch helfen. Aber irgendwann kommt dieses Textprojekt wieder auf einen zu. Ich musste mich sehr darauf trainieren, das als 9-19-Job zu machen. Wenn man das diszipliniert durchzieht, kommen bessere Ergebnisse.
Für mich jedenfalls ist meine offizielle Bezeichung: "Buchautor für Segelliteratur" der schönste Beruf der Welt.
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